Geschichte der Heft-Datenträger

In meiner Jugend waren Zeitschriften das wichtigste und oftmals einzige Medium um etwas über Computer- und Videospiele zu erfahren. Sie erfüllten oft nicht nur den Informationsbedarf, sondern vermittelten auch Wissen. Ohne das 64’er Magazin hätte ich wohl nie herausgefunden was man mit dem guten alten Brotkasten alles machen kann.

So verbrachte ich auch viele Stunden damit Listings aus dem Heft abzutippen und war dann oft frustriert, weil das Programm nicht funktionierte. Manchmal hatte ich mich nur vertippt, oft war aber aufgrund eines Druckfehlers das Listing unvollständig. Selten enthielt es auch einen Fehler, der meist unbestätigt blieb.

Da wünschte man sich, dass die Programme direkt auf einem Datenträger geliefert würden. Das war eine Spezialität der Disketten-Magazine (Magic Disk u. a.). Dabei handelte es sich quasi um ein Magazin mit Texten auf einer Diskette. Die vorgestellten Programme waren dann praktischerweise direkt mit auf dieser gespeichert und konnten direkt geladen werden. Das war schön und beseitigte viele Fehlerquellen, hatte aber auch ihren Preis: mit 15-20 DM waren diese nicht gerade erschwinglich, wenn man noch ein Taschengeld bezog.

Umso schöner war es, als dann auch als das 64’er Magazin die Diskette als Beilage entdeckte. Im regulären Heft gab es sie aber nur unregelmäßig, meist zu Besondern Anlässen, wie Weihnachten oder einem Jubiläum. In den Themensonderheften wurde sie aber schnell zum Standard. Das wandelte auch den Charakter der Hefte. Frühe Sonderhefte, wie das hier, druckten die Programme auf ihre Seiten. Mit der Diskette war das nicht mehr notwendig, man konnte andere Texte (Anleitungen, Lösungen etc.) abdrucken.

Diese Sonderhefte waren dann auch etwas dünner, als jene mit Listings. Du die reduzierte Seitenzahl konnte man die Kosten für die Diskette ausgleichen, so dass man am Heft-Preis nichts ändern musste.

Ein Problem mit dem die Verlage aber nicht gerechnet hatten, waren die Briefträger. Die hatte damals noch die Angewohnheit Hefte zu Rollen, damit sie besser in die oft viel zu kleinen Briefkästen passten. Eine 5 1/2*-Diskette ist ja nun flexibel und lies sich ohne recht viel Kraft tatsächlich auch rollen. Dadurch wurde sie natürlich unbrauchbar, was dazu führte, dass die Verlage sehr viel Ersatz verschicken mussten.

Ein Lösungsversuch war ein entsprechender Aufdruck für den Briefträger, den dieser aber in den meisten Fällen konsequent ignorierte. Die Disketten-Magazin hatten zu diesem Zweck schon immer eine dicke Pappe im Umschlag, die das verhinderte. Okay, mit einem gewissen Willen und entsprechender Kraft schäften es aber einige Briefträger auf bei diesen.

Besser sah es da dann bei Zeitschriften für Heimcomputer mit 3 1/2″-Diskette aus (Amiga, Atari ST). Die waren kleiner und viel robuster. Auch beim PC setzten die Verlage ausschließlich auf 3 1/2″-Disketten, dann meist auch gleich im HD-Format mit 1,44 MB. Das war kein Problem, denn als die ersten PC-Spiele-Hefte den Datenträger auf das Cover klebten, waren entsprechende Laufwerke auf den PC schon Standard.

Übrigens klebten nicht alle Verlage die Diskette direkt aufs Heft. Bei der PC PLayer musste man diese beim Verlag kostenpflichtig bestellen. Mit Versandkosten kam man da auf 15 DM. Ziemlich heftig, schließlich kam da ja auch noch der Preis für das Magazin dazu. Allerdings wurde die Diskette in einem gepolsterten Umschlag verschickt, der Problemlos in jeden Briefkasten passte und daher nicht von Briefträger „bearbeitet“ werden musste. Auch verwendete man sehr hochwertige Datenträger, die auch heute noch lesbar sind. Die Disketten von der PC Games sind inzwischen alle ohne Ausnahme unlesbar. Sie lassen sich nicht mal mehr formatieren, sind also völlig unbrauchbar. Die meisten Disketten aus dem 64’er Magazin sind dagegen ebenfalls heute noch funktionsfähig.

Auf so eine Diskette passten natürlich nicht viele Daten. Meisten enthielten sie nur eine Demo oder Shareware, manchmal auch noch Spielstände und einen Patch. Mehr als eine Diskette lag meines Wissen in keinem Magazin bei (von Sonderheften mal abgesehen), weil das einfach zu teuer war.

Doch dann kam da diese kleine, silberne Plastikscheibe namens Compact Disc (CD) auf den Markt, die auch Computer und Konsolen erobern sollte. Als CD-ROM-Laufwerke zum Standard des PCs gehörten, stellten Verlage sehr zügig den Datenträger um, denn so eine CD-ROM fasste immerhin 650 MB, also mehr also mehr als 451 3 1/2″-Disketten.

Das erste Heft mit CD-ROM war in Deutschland CD Player, das Sonderheft der PC Player. Federführend bei dem Projekt war Boris Schneider-Johne, dem wir später auch den Stolperschutz und das extra lange Kabel bei der Xbox zu verdanken hatten, von den deutschen Version der LucasArts-Adventure mal ganz abgesehen. Auf so einer CD PLayer waren massenhaft Demos, Shareware und Tools zu finden, nicht zu vergessen jede Menge Patches und Updates, die nun relativ einfach über dieses Medium im die Haushalte gelangen konnten.

Theoretisch konnte man zwar schon damals auch über BBS und Online-Dienste wie CompuServe und AOL an Patches gelangen, allerdings dauerte damals der Download von ein, zwei Megabyte noch eine gute Stunde. Das war also nicht nur sehr langsam, sondern auch unwahrscheinlich teuer. Auch blockierte man damit stundenlang die Telefonleitung, was einen sicherlich keine Bonuspunkte bei den Eltern einbrachte. Es ist also kein Wunder, das das Konzept der CD-ROM im Heft aufging und sich sehr schnell verbreitete und bald auch in den regulären Ausgaben zu finden war.

Schon bei der CD Player wollte man aber den Datenträger auch für redaktionelle Inhalte nutzen. Da boten sich natürlich Videos geradezu an und so waren schnell die Multimedia Leserbriefe geboren. Dazu gesellten sich Spielvorschauen (Trailer) und später Testvideos aus den Redaktionen. So richtig Fahrt nahm das dann aber auch erst mit der nächsten Datenträger-Generation, der DVD-ROM auf.

Bevor die aber zum Thema wurde, stieg erstmal die Anzahl der CDs im Heft. In den meisten Heften lagen zwei, manchmal sogar drei Datenträger bei. Das wurde möglich, weil die Produktion durch die massenhafte Verbreitung des Mediums extrem günstig wurde.

Doch was packt man den nun auf diese Scheiben, um sich von der Konkurrenz am Kiosk abzuheben? Natürlich ein komplettes Spiel. Die Verlage begannen folglich die Türen der Publisher einzurennen, um immer bessere Spiele für den Datenträger zu ergattern und die anderen auszustechen. Die Publisher freute das natürlich, denn so konnte man nochmal mit bereits zweit- und drittverwerteten Spielen ohne Aufwand Geld verdienen. Manchmal gelang es sogar, das mit der Veröffentlichung eines Nachfolgers, der möglicherweise dann auch Titelthema in der Zeitschrift war, zu kombinieren. Werbung, die man nicht bezahlen musste – ganz im Gegenteil, die einem sogar noch ein paar Münzen in die Kasse spülten.

Zwölf Ausgaben im Jahr bedeuteten aber auch zwölf Spiele und das bei allen Heften. Gute Titel waren endlich und so finden manche Hefte an, eher mäßige Titel, dafür dann zwei oder drei davon, auf den Silberling zu packen. Berühmt und berüchtigt dafür: die ComputerBild Spiele. Aber auch bei PC Games und PC Action entschied man sich irgendwann mal für Quantität vor Qualität.

Die GameStar versuchte die Qualität hoch zu halten und packte dann oft hochwertige Titel auf die beiden Disks, die man aber nur bekam, wenn man die teure Premium-Ausgabe erwarb. Im normalen Heft war nur die „Disk 2“ dieser Spiele enthalten, mit der man natürlich nichts anfangen konnte. Ich konnte mir die Luxus-Variante leisten und so dachte ich damals nicht lange darüber nach. Mit Abstand betrachtet, war das aber schon irgendwie ein mieser Zug, den man aus wirtschaftlicher Sicht nachvollziehen kann. Schließlich müssen die teuren Lizenzen auch irgendwie bezahlt werden.

Mit dem Aufkommen der Vollversionen begann langsam aber sicher das Sterben der Demos, denn für die blieb oft kein Platz mehr. Kurzfristig änderte die DVD-ROM mit der nochmal gestiegen Speicherkapazität von 4,7 GB. Auf die folgte dann noch das Upgrade auf Double Layer, was 8 GB je Silberscheibe ermöglichte. Doch auch bei den DVDs verdoppelte sich schnell die Anzahl.

Gefühlt gingen diese Schritte viel schneller als bei der CD. Jedenfalls bei den Zeitschriften-Verlagen. Die ganzen Publisher entschieden lange bei der CD-ROM zu bleiben und spiele lieber auf mehrere Datenträger zu verteilen. Die fadenscheinige Begründung war damals, dass die CD-ROM-Laufwerke in jedem PC stecken, ein DVD-ROM-Laufwerk aber nicht jeder besitze. Man würde damit seinen potentiellen Kundenkreis einschränken.

Ist natürlich totaler Quatsch, denn die Spieler waren immer schon die ersten, die ihre Kisten aufrüsteten. Und dank den DVDs in den Magazinen hatte wirklich jeder Spieler, in meinem damaligen Umfeld schnell ein solches Laufwerk. Rechner, die keines hatten, standen in Büros, wo sowieso Solitaire und MineSweeper die Mittagspausen fest im Griff hatten.

Einige wenige Magazine halten auch heute noch an dem Datenträger im Heft fest, obwohl dieser inzwischen schon lange durch das Breitband-Internet überflüssig wurde. Die Vollversionen bekommt man inzwischen deshalb fast immer als digitalen Key für Steam oder eine andere Plattform. Die redaktionellen Videos sind auch nicht mehr exklusiv um meist schon vorab im YouTube-Kanal erschienen.

Bei mir Alten Sack existiert zwar immer noch ein DVD-Laufwerk (und sogar eines für 3 1/2″-Disketten), aber die meisten modernen Gaming-PCs haben das nicht mehr. Die entsprechenden Treiber wurden von Microsoft auch schon länger aus Windows entfernt und Mainboards haben auch keinen Anschluss mehr dafür. Nur externe USB-Laufwerke kann man noch verwenden.

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